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Mobbing
Nichts ist, wie es ist und schon gar nicht, wie es scheint.
Einführung in das Element: Mobbing
Mobbing ist ein komplexes Phänomen in der Organisationswelt, das vor allem in der Arbeits- und Schulwelt beschrieben und untersucht ist, aber auch in der Vereins- oder Nachbarschaftswelt oder auch der digitalen Cyberwelt vorkommt.
Im Grundsatz handelt es sich um einen sozial desintegrierenden Ausstoßungsprozess (soziale Separation), wobei dieser Effekt nicht im Sinne der Sozialgemeinschaft eintreten soll wie einst beim Bann oder der Acht (=Ächtung), die als hoheitliche, rechtmäßige Sanktion etabliert waren, sondern gegen die Interessen der Gemeinschaft und im Sinne Einzelner stattfindet.
Mobbing ist ein interpersonales, dynamisches Beziehungsgeschehen.
Mobbing ist keineswegs allein eine Frage von Täter-Opfer und schon gar nicht einer linear-kausalen Verhältnisbeziehung. Mobbing ist ein interpersonales, dynamisches Beziehungsgeschehen, dessen Unübersichtlichkeit und Subtilität dazu verleitet, nach einfachen Kausalbeziehungen Ausschau zu halten .
Indem man das Mobbinggeschehen als soziales System konzipiert, fragt man nach der Funktion: Und hier erscheint der Mobbingbetroffene als Symptomträger, der das Leiden des sozialen Systems symbolisiert bzw. personifiziert. Insoweit hilft dieses Verständnis, das kollektive Leiden in den Blick zu bekommen und nach den Veränderungsbedarfen des Kollektivs bzw. der Organisation zu fragen.
Mobbing findet nicht nur zwischen Tätern und Opfern statt, sondern ist ein soziales System, dessen Komplexität in aller Regel unterschätzt wird – von Allen.
Im Laufe einer gescheiterten Konfliktbearbeitung werden Beteiligte zu Mobbingbetroffenen und zu Opfern; sie sind es nicht zu Beginn. Zu Betroffenen werden die Personen, weil sie infolge psychischer Druck- und Gewaltsituationen ihre Fähigkeiten verlieren, ihre prinzipiell vorhandenen Bewältigungskompetenzen für schwere Lebenssituationen zu nutzen. Zum Opfer entwickeln sich die Beteiligten, wenn sie zudem physischer oder sexueller Gewalt ausgesetzt sind und der Gefahr ins Auge blicken, hinausgeworfen zu werden und ihren Job verlieren. Wer letztlich Mobbingopfer ist, zeigt sich im Nachgang.
Anzeichen für eine Mobbingbetroffenheit ist die zunehmend begrenzte Handlungsfähigkeit und wachsende Zweifel an der eigenen sozialen Kompetenz und fachlichen Qualifikation. Schwindendes Selbstbewusstsein, kurz gesagt. Mobbingberatung ist genau aus diesem Grunde zuvorderst Stütze, nicht Rettung.
Mitläufer und Möglichmacher sind es, die die Auswüchse von Mobbing, die eskalierenden Angriffe der Täter, aktiv oder passiv unterstützen. Unterstützen ist dabei in der Praxis häufig ein (aktives) Gutheißen oder zumindest „auch gutheißen“, z.B. durch das Suchen von erklärlichen, sozial adäquaten Gründen für das Verhalten der Täterpersonen oder seien es auch nur positive Gründe in der Person des Betroffenen (“Naja, zumindest ist gut, dass…).
Passive Unterstützer (Möglichmacher) sind meist von Unbewusstheit gegenüber ihrer Rolle für das Geschehen geprägt: Als würde ihre Anwesenheit, die keine Gegenwehr kommuniziert, sondern ein Geschehenlassen, keine Botschaft an die anwesenden Angreifer und Mobbingbetroffenen senden! Watzlawick lässt grüßen!
Für Mobbing sind gruppendynamische Konformitäts- und Anpassungsprozesse maßgebend, deren Auswüchse gerade für Gruppen mit 3-5 Personen gelten, die sich voreinander mündlich austauschen.
Dieser sog. Asch-Effekt bezeichnet also die Anpassung des Einzelnen an die Mehrheitsmeinung bzw. -wahrnehmung einer Gruppe. Unter dem Begriff Konformität versteht man die Veränderung des Urteils oder des Verhaltens zugunsten der Urteile einer Mehrheit der Mitglieder einer Gruppe.
Ausbildungsunterlagen zu Mobbing
Die Themengebiete der Elemente werden durch Karteikarten erschlossen. Diese sind das Begleitmaterial der Aus- und Fortbildungsveranstaltungen von INKOVEMA.
Aktuelle Karteikarten zum Mobbing.
KK 28-Mo 02 – Definitionen, Merkmale und Begriffe
KK 28-Mo 03 – Mobbinghandlungen
KK 28-Mo 04 – Mobbingverlaeufe
KK 28-Mo 05 – Das Mobbingsystem und der Asch-Effekt
KK 28-Mo 07 – Mobbingauswirkungen
KK 28-Mo 13 – Individuelle Mobbingprävention
KK 28-Mo 16 – Arbeitsblatt – Selbsthilfe im Mobbingfall
KK 28-Mo 21 – Organisationale Mobbingprävention
KK 28-Mo 22 – Mobbing- und Fairnessbeauftragte
KK 28-Mo 23 – Ausrichtungen von Mobbingberatung
KK 28-Mo 24 – Die 7 Schritte der Mobbing-Beratung
KK 28-Mo 25 – Fragen zur Analyse der Problemstruktur
KK 28-Mo 31 – Organisationale Mobbingvereinbarungen
KK 28-Mo 36 – Arbeitsblatt – Mobbingfragebogen für Organisationen
KK 28-Mo 37 – Arbeitsblatt – Fragebogen zum Stand der organisationalen Praevention
Beiträge zu: Mobbing
„Auf die Zwölf – Der Konflikt- und Streitpodcast“ (#6)
Mobbing – Distanz ist das Wichtigste
Podcast
Weiterführende Literatur
FACHBÜCHER:
-
Kolodej, C.: Mobbing. Psychoterror am Arbeitsplatz und in der Schule, 3. Auflage, Wien 2023
-
Brinkmann, R.: Mobbing, Bullying, Bossing. Treibjagd am Arbeitsplatz, 1995
-
Esser, A./Wolmerath, M.: Mobbing und psychische Gewalt: Der Ratgeber für Betroffene und ihre Interessenvertretung, 10. Auflage, 2020
-
Leymann, H.: Der (neue) Mobbing-Bericht: Erfahrungen, Initiativen, Auswege und Hilfsangebote, 1993 und 1995
- Meschkutat, B./ Stackelbeck, M./ Langenhoff, G.: Der Mobbing-Report – Repräsentativstudie für die Bundesrepublik Deutschland, Wirtschaftsverlag NW, 2002
- Teuschel, P.: Mobbing: Dynamik – Verlauf – gesundheitliche und soziale Folgen, 2009
FACHBEITRÄGE:
- Asch, S.: Effects of group pressure upon the modification and distortion of judgement, in: Guetzkow, H., Groups, leadership and men, Pittsburgh 1951.
- Auerbach, E.: Mediation bei Mobbingfällen in Unternehmen, ZKM 2015, S. 104
- Lohmann, R./ Sauthoff, D.: Mobbing und Mediation, ZKM 2007, S. 149